8 Soltau über Wietzendorf bis Klein Amerika

Am Samstag morgen um 6:15 das Haus zu verlassen ist für mich wirklich nicht einfach und so kam es, daß die Straßenbahn mir direkt vor der Nase davon fuhr. Ich hatte mir glücklicherweise genügend Karenzzeit in den Rucksack gepackt um zur nächsten Haltestelle zu laufen und dort in eine andere Straßenbahn einzusteigen, die 10 Minuten später fuhr. Also habe ich meinen Zug Richtung Hamburg um 06:59 tatsächlich noch bekommen. Am Bahnsteig fiel mir gleich jemand mit einer ziemlich großen Gitarrentasche auf, jedenfalls war die Tasche größer als meine Gitarrentasche, die seit Jahren in irgendwelche Ecken gequetscht wird und dort nur zum Aufräumen wieder rauskommt. Weil die Bundesbahn zu dusselig ist, mir eine vernünftige Verbindung zwischen Bremen und Soltau anzubieten, bin ich so zu einem Gespräch gekommen mit einem Musiker, der gerade vom Jazzfastival kam, welches dieses Wochenende in Bremen zuende ging. Da ich mich weder in der Film- noch Musikszene auskenne sagte mir der Name Alan Harris gar nichts, der sich mir höflich vorstellte. Intelligente Menschen merken schnell, daß sie sich mit mir nicht über Musik unterhalten können - wie gut, daß ich verschwiegen habe, daß meine Gitarre seit Jahren voll staubt, das ist schon peinlich - und so kamen wir auf das Thema Wandern und dann auf
Colorado, wo man weite Outdoor-Strecken idealerweise mit dem Pferd zurücklegt. Das hörte sich schon interessanter an, dummerweise sind meine Englischkenntnisse nicht so umfangreich, schon gar nicht so früh morgens, sonst hätte ich bestimmt mehr von unseren Weitwanderwegen erzählt. Wir haben uns sogar mit Händedruck verabschiedet und das ist schon selten nach einer 20minütigen Zugfahrt. Damit hat sich der Umweg über Buchholz allemal gelohnt und beim Umsteigen in den anderen Zug kam auch Tina, so ging es erstmal per Bahn weiter bis Soltau.




Die Tagesetappe starteten wir zuerst in einem kleinen Café und gut gestärkt zogen wir Richtung Rom. Bald trafen wir wieder auf den Heideweg, nicht zu verwechseln mit dem Heidschnuckenweg. Beide Wege begleiten die Via Romea in regelmäßigen Abständen. Über weite Strecken ging es über Wald- und Wiesenwege. Diese Strecke hat uns richtig gut gefallen, aber ohne mein Navi hätten wir den Weg nie gefunden.  Auf dieser Strecke gibt es längst nicht soviele Umwege, wie auf den bisherigen Etappen. Die Richtwege durch die Heide kürzen einiges an Kurven ab und so waren wir am frühen Nachmittag schon in Wietzendorf.

Dort konnten wir beim Bäcker im Gebäude vom Supermarkt Kaffee und Kuchen genießen, der Zeitpunkt war perfekt, denn es begann zu hageln. Tina hat für Hagel eine hübsche Beschreibung gefunden - sie nennt die kleinen Körnchen gefriergetrockneten Regen.



Insgesamt war die Etappe für uns super, obwohl wir abends kein Essen hatten und der Supermarkt für uns 4 Kilometer Umweg war. Wie gut, daß Tina für das Abendessen noch Kraftbrot hatte, welches sie seit einigen Monaten in regelmäßigen Abständen selber backt. Damit steht für uns fest: Ab jetzt kommt Kraftbrot und ein Stück Käse in den Rucksack, Wein und Getränke kann man überall nachkaufen, gutes Essen eher selten.
In Wietzendorf kamen wir auch fast an einer Jakobigemeinde vorbei, es gibt eine Galerie am Jakobsweg, der gar kein Jakobsweg ist, sondern nach Rom geht - der Heideweg hat die Qualitätskriterien eines Jakobsweges noch nicht ganz erfüllt (man muß auf der kurzen Strecke Heideweg viel zu viel Geld ausgeben, damit steht dieser nur gutverdienenden Menschen zur Verfügung, welches ein Ausschlußkriterium ist).

Hinter Wietzendorf ging es noch vier Kilometer Richtung Klein Amerika, der Wegweiser Richtung Miltankstelle fiel uns schon sehr rechtzeitig auf. Leider sind wir ihm nicht gefolgt, denn wir konnten nicht ahnen, daß die Miltankstelle in unmittelbarer Nähe unserer kleinen Pension liegt, denn die Miltankstelle, unsere Pension mit dem Fellladen und wenn es hoch kommt noch zwei Bauernhöfe - das ist Klein Amerika. Schon lustig, daß mein Tag mit einem Amerikaner anfing und mit einem Dorf Amerika aufhört. Glücklicherweise spricht man in Klein Amerika deutsch und so brauchte ich keine Englischkenntnisse mehr ausbuddeln.


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